Wer Großartiges sehen möchte, muss nicht weit reisen. Italien bietet euch eine Fülle an Sehenswürdigkeiten, für die ein Urlaub gar nicht genügt, um sie alle zu erkunden. Taucht mit unserem Autor ein in Italiens Weltkulturerbe – zehn davon hat er nämlich auf einer Rundreise für uns besucht.
Die von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichneten Städte, Regionen und Bauwerke sind eine Besonderheit. Diese Stätten gelten als herausragendes Beispiel für einen Baustil, ein Volk, eine kulturelle Bewegung oder sind von der Natur geschaffene Kunstwerke. Italien kann stolz die meisten Welterbestätten aufweisen. Inzwischen sind es 53 dieser außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten, plus dem Fürstentum San Marino, das als Enklave an der Adriaküste nahe Rimini zu finden ist.
Für eine Tour durch das Land der Azzuri suchte ich mir die für mich zehn attraktivsten Orte aus. So wie einst Deutschlands berühmtester Dichter wollte ich die stiefelförmige Halbinsel erkunden. Goethe war von seiner Italienreise hingerissen und berichtete mit überschwänglichen Worten von seinen Erlebnissen. Sein bekanntestes Zitat galt der größten Mittelmeerinsel, über die er schrieb: „Dass ich Sizilien gesehen habe, ist mir ein unzerstörlicher Schatz auf mein ganzes Leben.“
Südtirols Nationalpark Stilfser Joch
Hoch im Norden der italienischen Republik kreisen mächtige Steinadler über einem Gebiet, das sich vom Südtiroler Trentino bis in die Lombardei ausdehnt. Mit seinen 134.620 Hektar ist das Stilfser Joch eines der größten Naturschutzgebiete Europas. Das Areal liegt am Dreiländereck von Schweiz, Österreich und Italien, wo ihr jenseits der Grenze etliche berühmte Wintersportgebiete findet. In der Schweiz sind das vor allem Davos und St. Moritz. Auf österreichischer Seite ist Ischgl weltbekannt und Orte wie Obergurgl oder Sölden sind jedem Wintersportler geläufig.

Ich komme in einem gemütlichen Hotel im Almhüttenstil in Prad am Stilfserjoch unter, nur Schritte von der romanischen St. Johann-Kirche aus dem 13. Jahrhundert entfernt. Der Altarraum und die Apsis sind reich mit gotischen und romanischen Fresken geschmückt. Bei meiner Tagestour in die Bergwelt präsentiert mir der Prader Sand die Artenvielfalt der alpinen Vegetation.
Oben am Stilfser Joch in 2.757 Metern angekommen, kann ich nachvollziehen, warum dieses Areal ausgezeichnet wurde. Vom zweithöchsten Pass in den Alpen, wo ihr bemerken werdet, wie dünn die Luft ist, scheint der Gipfel der 3.851 Meter hohen Königsspitze zum Greifen nahe. Der Gletscher leuchtet strahlend weiß in der Sonne und zu allem Überfluss spielen zwei Adler vor meinen Augen in der Luft. Amore in den Alpen, denn im Mai beginnt die Paarungszeit der stolzen Greifvögel.
Lago di Garda: Auf Goethes Spuren
Mich zieht es in wärmere Gefilde. Der Gardasee soll es sein, den sich auch schon Goethe ausgesucht hatte, rund 230 Jahre vor mir. Peschiera del Garda heißt das Ziel. Der kleine Ort ganz im Südosten des Bergsees ist erst seit 2017 stolzes Mitglied der Welterbestätten und ein guter Tipp, wollt ihr einen ruhigen Urlaub verbringen. Die Auszeichnung hat die Gemeinde ihrer venezianischen Festung aus dem 15. Jahrhundert zu verdanken, die auf einer Insel errichtet die historische Altstadt gut zu schützen wusste. Das prachtvolle Bauwerk hatte ich in gut zwei Stunden erkundet, was mir reichlich Zeit für einen Ausflug bescherte.

Am Gardaland, dem größten Freizeitpark Italiens vorbei, zieht es mich ins kaum 15 Kilometer nördliche Bardolino. Im Weinmuseum entspanne ich beim Fachsimpeln über Säure, Zucker und Aroma der edlen Tropfen, von denen ich dann ein paar Flaschen als Wegzehrung mitnehme.
Verona: Der Balkon der Julia
Venedig hatte ich bereits besucht, weshalb ich mich für Verona als nächstes Etappenziel entschied. Wo Shakespeare seinen Romeo am Balkon der Julia schmachten ließ, wollte ich in der 2.000 Jahre alten römischen Arena Verdis Oper Aida genießen. Das 22.000 Zuschauer fassende Amphitheater hat sich überaus gut gehalten und sogar Rockkonzerte mit den Rolling Stones schadlos überstanden. Und selbst wenn ihr keine Freunde klassischer Musik seid: Habt ihr die Gelegenheit, dann besuchte eine Opernvorführung in der Arena. Die Akustik ist derart fantastisch, dass ihr jeden einzelnen Ton körperlich spüren könnt.

Um die Freilichtbühne gehört die gesamte Altstadt vollständig zum UNESCO-Welterbe. Die Scaliger erbauten das Castelvecchio, das mit der Ponte Scaligero eine eigene Fluchtbrücke über den Etsch besitzt. Romantiker und Verliebte zieht es zur Piazza delle Erbe, in deren Nähe angeblich das Haus der Julia zu sehen ist. Ich spare mir das, denn der berühmteste Balkon der Literaturgeschichte wurde erst um 1930 angebaut.

Florenz und Pisa
Keine Frage: Florenz und Pisa sind eigentlich eine separate Städtereise wert. Ganz übergehen wollte ich die beiden faszinierenden Orte auch nicht, in denen euch Geschichte zum Anfassen erwartet. Die Altstadt von Florenz breitet sich um die Kathedrale Santa Maria del Fiore aus dem 13. Jahrhundert aus. Mehrheitlich sind die umliegenden bedeutenden Bauwerke aber rund 200 Jahre jünger.
In der Hauptstadt der Toskana regierten die Medici, die Michelangelo in ihrer Kirche unterkommen ließen und Galileo Galilei als Mathematiker am Hof beschäftigten. Sie und Künstler wie Donatello, Botticelli oder Leonardo da Vinci entwickelten ihr Können in eine gemeinsame Richtung, woraus die Renaissance entstand, die ganz Europa erfasste. Unschätzbar wertvolle Werke dieser Künstler sind in den Uffizien und im Palazzo Pitti zu sehen, die aber beide in der Hauptreisezeit auf Wochen im Voraus ausverkauft sind.
Wer früh aufsteht und anstatt der Kathedrale zuerst das Dommuseum aufsucht, der hat meist Glück. Die einzigartig vollkommenen Statuen, die Michelangelo erschaffen hat, sind aber auch eine Wartezeit wert.

Pisa ist eigentlich nur für seinen schiefen Turm bekannt, auf dem der Legende nach Galileo seine Fallgesetze entdeckt hat. Dabei hat die Stadt am Arno neben dem Campanile, dem Dom Santa Maria Assunta und dem Baptisterium etliche Attraktionen zu bieten. In der Universitätsstadt, in der die 40.000 Studenten rund die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, ist der botanische Garten ein zentraler Rückzugsort. Bereits 1543 gegründet ist der wissenschaftliche Park an der Piazza dei Miracoli die Heimat von über 2.000 Pflanzenarten, von denen 140 heilende Wirkungen haben.
Wie ein Modell einer Spielzeugeisenbahn wirkt die Dornenkirche, die Chiesa Santa Maria della Spina. Das Gotteshaus am Ufer des Arno ist wegen ihrer Statuen in der Fassade und im Altarbereich unbedingt sehenswert.

Sardiniens romantische Costa Smeralda
An der Küste zum Tyrrhenischen Meer entlang gelangt ihr nach Civitavecchia, von wo Fähren nach Olbia im Norden Sardiniens ablegen. Die Hafenstadt ist direkt an der berühmten Costa Smeralda angesiedelt. Hier leuchtet das Meer tatsächlich smaragdgrün in der Sonne. Mittendrin ist Porto Cervo der wohl mondänste Badeort Italiens, in dem sich der internationale Jetset in großer Zahl zur Rolex-Regatta einfindet.
Die UNESCO-Kommission hat jedoch mehr der Nationalpark La Maddalena-Archipel beeindruckt, direkt vor der Küste. Als Taucher findet ihr in dem Meeresschutzgebiet eine unbeschreibliche Artenvielfalt. In den zahlreichen Wracks leben Kraken, Muränen und gelegentlich schauen auch Haie vorbei.

Für die Fahrt in die Inselhauptstadt Cagliari habe ich mir Zeit gelassen, denn das pittoreske Sardinien verträgt keine Eile.
Palermo, Ätna und Catania
Die Nacht verbringe ich auf der Fähre nach Palermo, denn die Fahrt dauert gemütliche 12 Stunden. In der sizilianischen Hauptstadt gehören die arabisch-normannischen Bauwerke zum Welterbe, darunter der Palazzo Reale, das imposante Castello della Zisa sowie die Kathedrale. Palermos Altstadt ist überaus reizvoll, allerdings bereits im Mai ein brodelnder Ort, weshalb es mich schnell an die Ostküste zieht. An der kaufe ich im Hinterland des Ätna die weltbesten Pistazien, die nur hier in dieser exquisiten Qualität erhältlich sind.

In der barocken Altstadt von Catania finde ich eine komfortable Unterkunft nahe der Via dei Crociferi und der atemberaubend schönen Chiesa San Benedetto. Nach dem Ausbruch des Ätna und dem gewaltigen Erdbeben Ende des 17. Jahrhunderts wurde Catania im römischen oder sizilianischen Barock neu erschaffen. Diesen Katastrophen verdankt die Nachwelt eine einzigartige Altstadt, die selbst unter den UNESCO-Welterbestätten eine Besonderheit ist.
Zudem ist die Bellini-Oper hier angesiedelt, der Elefantenbrunnen ist weltberühmt und der Pescheria di Catania ist wohl der größte und spektakulärste Fischmarkt Italiens.

Außerdem ist Catania der perfekte Ausgangspunkt, wollt ihr Europas aktivsten Vulkan erkunden. Den Weg zum 3.323 Meter hohen Krater meistere ich mit der Seilbahn. Oben angekommen begrüßen mich Schneereste, denn von November bis März könnt ihr mit Aussicht auf das Mittelmeer rasanten Wintersport betreiben. Die anstrengende Kletterpartie zum Kraterrand lohnt sich. Es ist ein unvergessliches Erlebnis, mit eigenen Augen in den Schlund eines dampfenden und grummelnden Vulkans zu blicken.

Letzte Station: Rom
Mit der Fähre von Messina nach Kalabrien über die zauberhafte Amalfiküste und Neapel gelangt ihr auf einer überaus abwechslungsreichen Route in die italienische Hauptstadt. Hier steht die gesamte historische Innenstadt inklusive weiter Teile des Vatikanstaates unter dem Schutz der UNESCO. Wollt ihr alle dazugehörigen Gebäude erkunden, solltet ihr eine Wohnung mieten, denn das Areal ist gut 1.480 Hektar groß.
Auch ich habe mich beschränkt und mir neben dem Kolosseum nur den Circus Maximus und das Pantheon angesehen. Richtung Vatikan ist die Engelsburg interessant, die eigentlich als Mausoleum für Kaiser Hadrian errichtet wurde.

Den intensivsten Eindruck hinterließ bei mir die Sixtinische Kapelle. Die Wand- und Deckengemälde von verschiedenen Künstlern der Renaissance sind derart stimmungsvoll und detailliert, dass beim Betrachten vor dem geistigen Auge ganz Filme entstehen. Insbesondere Michelangelos „Das jüngste Gericht“ ist nicht nur einfach ein Bild, sondern transportiert ganze Handlungsabläufe, sodass ihr euch deutlich vorstellen könnt, was an diesem Tag passieren wird.
Wollt ihr auch so eine Tour unternehmen, sucht euch eure Favoriten unter den 53 italienischen Welterbestätten aus. Mir fehlten aus Zeitmangel noch ein paar Highlights. Deshalb will ich diese Tour noch einmal erleben, nur mit anderen Zielen.