Deutschland blickt zurück auf eine lange und bewegte Geschichte, welche durch eine Unmenge an historischen Sehenswürdigkeiten dokumentiert ist. Diese Zeitzeugen liegen oft in einzigartigen Landschaften, die es so kein zweites Mal auf unserem Planeten gibt. Die bedeutendsten dieser Attraktionen können sich um den Titel des UNESCO Welterbes bewerben. Die Aufnahme in diese weltweite Liste ist so etwas wie ein Ritterschlag. Wir stellen euch das Welterbe Deutschlands vor.
Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Noch ganz im Eindruck des Zweiten Weltkriegs wurde sie am 16. November 1945 gegründet und agiert seither unter dem Leitgedanken „Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“ Im Jahr 1972 wurde die Welterbekonvention geschaffen, die sich dem Erhalt des für die Menschheit bedeutenden Kultur- und Naturerbes unserer Erde widmet. Insgesamt 195 Staaten sind dieser Konvention beigetreten. Weltweit gibt es 1.199 Orte in 168 Ländern auf der Liste des Welterbes (Stand 2023).
Jedes Jahr darf jeder Mitgliedsstaat zwei Vorschläge fĂĽr die Aufnahme auf die Welterbeliste machen. Diese zwei Vorschläge kommen von der Vorschlagsliste, genannt Tentativliste, des jeweiligen Staates und mĂĽssen dort schon mindestens zwei Jahre enthalten sein. Hauptkriterium, um in den erlauchten Kreis der Welterbestätten aufgenommen zu werden ist, dass es sich um ein Kultur– oder Naturgut handelt, das sowohl fĂĽr gegenwärtige als auch kĂĽnftige Generationen der Menschheit von Bedeutung ist. Die Entscheidung darĂĽber, was neu aufgenommen wird, fällt einmal im Jahr das Welterbekomitee.
Eine Rundreise zum UNESCO Weltkulturerbe in Deutschland
- Wattenmeer – Spielball der Gezeiten
- Stralsund und Wismar – das Vermächtnis der Hanse
- Quedlinburg und Goslar – mittelalterliche Stadtperlen im Harz
- Dessau – einzigartige Parklandschaft und moderne Architektur
- Geopark Muskauer Faltenbogen – von der Industriebrache zum Naturschutzgebiet
- Montanregion Erzgebirge – innovativer Bergbau schon im Mittelalter
- Auf den Spuren von Martin Luther zum Welterbe
- Mittelalter und Barock in Oberfranken
- Handelszentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
- Kirchliche Pracht mitten auf der Wiese
- Eine Reise von der Steinzeit ins Mittelalter am Bodensee
- Die ältesten Kunstwerke der Menschheit auf der Schwäbischen Alb
- Fossilien und moderne Architektur in Darmstadt
- Sagenumwobene Landschaften an einer der bedeutendsten Lebensadern Europas
- Ein Industriedenkmal vom Kohlestaub befreit
Häufig gestellte Fragen
- Wie viel UNESCO Weltkulturerbestätten gibt es in Deutschland?
- Welches deutsche Bauwerk war das erste UNESCO-Welterbe?
- Welches Bundesland hat die meisten Welterbestätten?
- Welche Stadt in Deutschland hat die meisten UNESCO Weltkulturerbestätten?
Das Wichtigste im Ăśberblick
- FrĂĽher hat man unterschieden zwischen Weltkulturerbe und Weltnaturerbe. Da beides aber oft zu einem verschmilzt, spricht man heute einfach nur vom UNESCO Welterbe.
- Zum Welterbe gehören ebenso einzigartige Landschaften, als auch bedeutende Bauwerke oder gar ganze Ensembles von Gebäuden
- Welterbestätten haben oft ein Thema, das in mehreren Ländern präsent ist, oder liegen in grenzüberschreitenden Parks und sorgen so für mehr Völkerverständigung.
Eine Rundreise zum UNESCO Weltkulturerbe in Deutschland
Einzigartige Natur, historische Bauten, aber auch moderne Architektur und Industrieanlagen zählen zu Deutschlands Welterbe. Wir stellen euch die wichtigsten Erbestätten in unserem Land vor.
Wattenmeer – Spielball der Gezeiten
Wenn ihr bei Ebbe an einem Nordseestrand steht und statt auf wogende Wellen nur auf grauen Schlamm blickt, drängt sich zunächst mal die Frage auf, wohin das Meer verschwunden ist. Zweimal am Tag zieht sich das Wasser zurück und legt eine etwa 500 Kilometer lange und bis zu 40 Kilometer breite Landschaft aus Schlamm und Schlick frei. Zwischen Skallingen in Dänemark und Den Helder in den Niederlanden könnt ihr dann das weltgrößte Wattenmeer bestaunen. Bis vor etwa 7.500 Jahren war das Wattenmeer noch Teil des Festlands. Am Ende der Eiszeit schmolzen die Gletscher und der Meeresspiegel stieg an. Das führte dazu, dass Teile des Festlands regelmäßig geflutet wurden. Wo ihr heute mit euren Gummistiefeln durch den Schlamm watet, waren teilweise vor 1.000 Jahren noch Ackerflächen. Besonders faszinierend ist die Tatsache, dass in dieser unscheinbaren Welt mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten existieren. Davon profitieren die 10 bis 12 Millionen Zugvögel, die hier zwei Mal im Jahr rasten.
Welterbe seit: 2009, Hamburgisches Wattenmeer 2011, dänisches Wattenmeer 2014
Besonderheit: Das Wattenmeer kann gefährlich sein, vor allem wenn die Flut einsetzt. Daher erkundet ihr dieses Naturerbe am besten im Rahmen einer geführten Tour.
Stralsund und Wismar – das Vermächtnis der Hanse
Im Mittelalter gewann der Handel in der damals bekannten Welt eine immer größere Bedeutung. Allerdings bedrohten kriegerische Auseinandersetzungen und Raubüberfälle das Geschäft. Um ihre Waren zu schützen und somit ihre Reichtümer abzusichern, begannen ab Mitte des 12. Jahrhunderts zunächst Kaufleute aus Norddeutschland eine erste internationale Schutzmacht aufzubauen. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde der Verbund um ganze Städte erweitert, die dann untereinander Freihandelsabkommen aushandelten. In ihrer Blütezeit gab es etwa 300 Hansestädte im nördlichen Europa. In den beiden Hansestädten Stralsund und Wismar wird der Einfluss und der Reichtum der Hanse in den historischen Zentren besonders eindrucksvoll sichtbar. Stralsund wurde im 13. Jahrhundert als Hafenstadt neu angelegt und Wismar war eines der Handelszentren. In beiden Städten bestaunt ihr die typische Backsteingotik, aber auch Verteidigungssysteme und barocke Stadtpalais, die während der schwedischen Herrschaft im 17. Und 18 Jahrhundert entstanden. Auch wenn die beiden Städte 150 Kilometer voneinander entfernt sind, finden sie sich gemeinsam auf der Welterbeliste.
Welterbe seit: 2002
Besonderheit: Wenn ihr euch etwas Zeit nehmt, könnt ihr eine Welterbetour an der deutschen Ostseeküste machen. Beginnt in Lübeck (Welterbe seit 1987) und fahrt dann weiter nach Wismar und Stralsund
Quedlinburg und Goslar – mittelalterliche Stadtperlen im Harz
Quedlinburg am Rande des Harzes war während der Herrschaft von König Heinrich (876 bis 936), des ersten deutschen König aus der sächsischen Dynastie, Hauptstadt des Ostfränkischen Reiches. Die bis heute erhaltene Stadtmauer stammt aus dem Jahr 1330 und umgibt die Altstadt, in der über 1.300 Fachwerkhäuser aus sechs Jahrhunderten erhalten geblieben sind. Glücklicherweise hat dieses architektonische Juwel den 2.Weltkrieg und die sozialistischen Abrissbagger überstanden und erstrahlt heute im alten Glanz. Zum UNESCO Welterbe gehören in Quedlinburg neben der Altstadt auch das Schloss und die Stiftskirche.
Etwa 60 Kilometer entfernt liegt mitten im Harz die nächste Altstadt mit unzähligen Fachwerkhäusern in engen Gassen. Ein weiteres historisch bedeutsames Gebäude ist die Kaiserpfalz. Der beeindruckendste Teil des UNESCO Welterbes in Goslar ist aber sicherlich das Bergwerk Rammelsberg. Über 1.000 Jahre lang hat man hier im größten zusammenhängenden Kupfer-, Blei- und Zinkerzlager Bodenschätze zu Tage befördert. Bei einer Führung steigt ihr in die Tiefen des Berges und seht Abraumhalden aus dem 10. Jahrhundert und wandert durch einen Stollen aus dem 12. Jahrhundert. Der dritte Teil des Welterbes in Goslar ist die Oberharzer Wasserwirtschaft, eines der weltweit größten vorindustriellen Energieversorgungssysteme der Welt.
Welterbe seit: 1994 (Quedlinburg), 1992 (Erweiterung 2010) Goslar
Besonderheit: Auch Quedlinburg und Goslar lohnen einen längeren Aufenthalt. Dann könnt ihr euch noch den Dom zu Halberstadt anschauen, der zwar nicht zum UNESCO Welterbe gehört, aber dennoch sehr beeindruckend ist.
Dessau – einzigartige Parklandschaft und moderne Architektur
Auch Dessau ist die Heimat zweier Welterbestätten. Im Gartenreich Dessau-Wörlitz taucht ihr ein in eine von Menschenhand geschaffene Parklandschaft, die bei der Anlage ab dem Jahr 1765 der erste englische Landschaftsgarten auf dem europäischen Festland war. Zunächst wurde der Park um das Schloss Wörlitz geschaffen. In der damaligen Zeit war es schick die Pflanzungen eines Parks mit kleinen Gebäuden so zu gestalten, dass man danach nahe an die Idealvorstellung und somit quasi ans Paradies herankommt. Goethe bezeichnete den Park mit seinen Seen, Kanälen und Wäldern dann auch als Traum. Heute umfasst das Gartenreich Dessau-Wörlitz etwa 150 Quadratkilometer und ist damit etwa 18-mal so groß wie der Schlosspark von Versailles.
Das zweite Welterbethema in Dessau ist nicht so alt, hat aber weltweite Beachtung gefunden. Von 1919 bis 1933 war Dessau Sitz der Hochschule für Gestaltung, die unter dem Namen Bauhaus antrat, die Kunst und Architektur der damaligen Welt zu revolutionieren. Während Henry Van de Velde, Walter Gropius, Hannes Meyer und Laszlo Moholy-Nagy die Verspieltheit des Jugendstils einer Neuen Sachlichkeit opferten, wurde der Professor Wassily Kandinsky vor allem als Maler berühmt. Zum UNESCO Welterbe zählen in Dessau das Hochschulgebäude, sowie die Laubenganghäuser. Weitere Objekte befinden sich in Weimar und in Bernau.
Welterbe seit: Bauhaus seit 1996 (Erweiterung 2017), Gartenreich Dessau-Wörlitz seit 2000
Besonderheit: Bauhaus Architektur bestaunt ihr auch in Alfeld, Probstzella, Krefeld und Stuttgart. In Weimar gibt es das Bauhaus Museum und in Gelmeroda wandelt ihr auf den Spuren von Lionel Feininger, einem bekannten Maler der Bauhaus Epoche.
Geopark Muskauer Faltenbogen – von der Industriebrache zum Naturschutzgebiet
Vor 350.000 Jahren war Mitteleuropa von einer kilometerdicken Eisdecke bedeckt. In der Gegend um Bad Muskau an der polnischen Grenze entwickelte sich zusätzlich noch ein Gletscher von 20 Kilometer Breite und etwa 500 Meter Dicke. Dieses zusätzliche Eis verdrängte im Untergrund die Erdmasse und schuf so eine Moräne, die wir heute als Muskauer Faltenbogen kennen. Von oben hat diese Erhebung die Form eines Hufeisens. Im Faltenbogen hatten sich Braunkohle, Glassand, Tonerden und Mineralquellen gebildet. Ab 1840 begann man damit diese Rohstoffe industriell zu fördern und so entstand bis 1870 eine Ansammlung an Industriebetrieben, die die ursprüngliche Landschaft zerstörte. Nachdem der Bergbau mangels Rentabilität eingestellt wurde, begann man damit die Schäden des Bergbaus zu beseitigen. So entwickelte sich im Lauf der Zeit ein einzigartiges Biotop mit Mooren, Bächen und Heidelandschaften. In Nochten gibt es ein Informationszentrum zum Faltenbogen. In Bad Muskau kurt ihr in den eisenreichen Mineralquellen, flaniert im Welterbe Fürst-Pückler-Park und startet zu Wanderungen oder Radtouren im Geopark.
Welterbe seit: Globaler Geopark Faltenbogen seit 2015, FĂĽrst-PĂĽckler-Park seit 2004
Besonderheit: Das deutsch-polnische Grenzgebiet bei Bad Muskau empfiehlt sich vor allem fĂĽr Naturliebhaber.
Montanregion Erzgebirge – innovativer Bergbau schon im Mittelalter
Ihr habt ja sicher schon vom Goldrausch im 19. Jahrhundert in den USA gehört. Etwas ähnliches fand im Erzgebirge schon im 12. Jahrhundert statt. Nachdem im Jahr 1168 in der Nähe von Freiberg erste Silberfunde bekannt wurden, lockte das schnell Bergleute, Handwerker, Kaufleute und Glückssucher an. Zwischen 1460 und 1560 kam das meiste in Europa geförderte Silber aus der deutsch-tschechischen Grenzregion. Doch nicht nur Silber wurde hier gefördert. Unter den Bergen schlummerten auch reiche Schätze an Blei, Eisen, Kobalt, Uran und Nickel. Aus dem Kobalt wurden Blaufarben gewonnen, die zur Herstellung des berühmten Meißner Porzellans genutzt wurden. Das gleiche Blau nutzte man für die Delfter Kacheln und selbst auf chinesischem Porzellan fand sich das Blau aus dem Erzgebirge. Die Montanregion auf der Welterbeliste setzt sich zusammen aus 22 Teilgebieten, darunter Bergwerke, die ihr besichtigen könnt, aber auch Landschaften, die vom Bergbau geprägt wurden. Auch die Wasserwirtschaft, die die Energie für den Bergbau lieferte, zählt zum UNESCO Welterbe.
Welterbe seit: 2019
Besonderheit: Das Erzgebirge und die unterschiedlichen Teilgebiete des Welterbes erkundet ihr am besten im Rahmen eines Wanderurlaubs.
Auf den Spuren von Martin Luther zum Welterbe
Im sachsen-anhaltinischen Eisleben wurde am 10. November 1483 ein kleiner Junge geboren, der später die ganze Welt verändern sollte. Als Kind von wohlhabenden Eltern wuchs Martin Luther in behüteten Verhältnissen auf und konnte zunächst Jura studieren. Nach einem einschneidenden Erlebnis wurde er dann aber Mönch des Augustinerordens und studierte Theologie. Nach seinem Studium kletterte Martin Luther schnell auf der Karriereleiter seines Ordens nach oben und lebte und lehrte in Wittenberg. Im Lauf der Jahre entzweite er sich aber mit der Katholischen Kirche, was schließlich darin gipfelte, dass er an der Schlosskirche in Wittenberg seine 95 Thesen anschlug und dadurch die Reformation ins Rollen brachte. Aber Martin Luther schuf nicht nur eine neue Glaubensrichtung, er war es auch, der mit der Übersetzung der Bibel ins Deutsche als erster eine gemeinsame deutsche Schriftsprache schuf. Durch den nur wenige Jahre vorher erfundenen Buchdruck, verbreitete sich diese deutsche Bibel sehr schnell. Die Übersetzung geschrieben hat Luther auf der Wartburg in Eisenach.
Welterbe seit: Eisleben und Wittenberg 1996, Wartburg 1999
Besonderheit: Das Luthergeburtshaus in Eisleben wurde bereist 1693 zum Denkmal erklärt und gilt somit als eines der ältesten Museen der Welt.
Mittelalter und Barock in Oberfranken
Bevor ihr nun glaubt, dass nur die neuen Bundesländer Sehenswürdigkeiten zu bieten haben, die auf die UNESCO Welterbeliste aufgenommen wurden, führen wir euch auf unserer Rundreise nach Bayern. Unser erster Stopp gilt dem Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth. Als es gebaut wurde, war es in seiner Ausstattung vergleichbar mit den Opernhäusern in Wien, Venedig, Paris und Dresden. Geschaffen wurde das Haus speziell für die Opera Seria, die ernste Oper, die aufwändiger war als die heute weiter verbreitete „Komische Oper“. Mit seiner prachtvollen barocken Ausstattung zählt das Markgräfliche Opernhaus zu den letzten seiner Art. Nach der Oper könnt ihr noch auf den Grünen Hügel pilgern und das Festspielhaus von Richard Wagner bestaunen. Nur einen Steinwurf entfernt befindet sich Bamberg, die nächste Stadt auf der UNESCO Welterbeliste. Die drei historischen Stadtbezirke Berg-, Insel- und Gärtnerstadt, bilden eine einzigartiges Ensemble aus mittelalterlichem Fachwerk und barockem Prunk.
Welterbe seit: Opernhaus Bayreuth 2012, Altstadt Bamberg 1993
Besonderheit: Das Welterbe in Bamberg setzt aus etwa 1.300 denkmalgeschützten Gebäuden zusammen. Auch Bayreuth hat eine sehenswerte Altstadt und weitere Sehenswürdigkeiten, auch wenn diese nicht auf der UNESCO Welterbliste erscheinen.
Handelszentrum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
Bereits die Römer gründeten an der Donau das Lager Castra Regina. Dieses Legionslager entwickelte sich im Mittelalter zu einem bedeutenden politischen Zentrum und einer blühenden Handelsstadt, die nicht nur Bischofssitz war, sondern auch eine freie Reichsstadt. Die Altstadt hat noch immer etwa den Umfang, den sie im 14. Jahrhundert hatte und bringt euch mit zahlreichen historischen Bauwerken zum Staunen. Vor allem die Kirchen und das Kloster St. Emeram, das heute das Schloss der Familie von Thurn und Taxis ist, zeigen eindrucksvoll die Macht, die auch die Kirche in der Stadt hatte. Bei einem Bummel durch die engen Gassen unternehmt ihr gleichzeitig eine Reise durch 2.000 Jahre Architekturgeschichte. Sehenswert ist aber auch das Haus der Bayerischen Geschichte. Wenn ihr die etwa 1.000 Denkmäler des Welterbes in Regensburg angeschaut habt, könnt ihr euch das UNESCO Welterbe Donaulimes auf dem Weg nach Passau anschauen.
Welterbe seit: 2006
Besonderheit: Regensburg galt schon im Mittealter als GroĂźstadt, die immens reich war. Das zeigt sich noch heute.
Kirchliche Pracht mitten auf der Wiese
Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, an dem sich von Menschen geschaffene Pracht so harmonisch in eine atemberaubend schöne Landschaft einfügt, wie die Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland in Wies bei Steingaden. Das mag wohl auch daran liegen, dass die Kirche wirklich einen solitären Standort hat und keine anderen Gebäude die freie Sicht „stören“. Wenn ihr euch der Wieskirche von Norden nähert, seht ihr die weiß-gelb leuchtende Fassade inmitten weitläufiger Streuobstwiesen (Immaterielles UNESCO Kulturerbe seit 2021) und dahinter die bewaldeten Gipfel des Ammergebirges. Die Geschichte der Wieskirche begann am 14. Juni 1738, als die Familie Lory an einem Marterl in den dichten Wäldern einen gegeißelten Heiland sah, der Tränen verströmte. Um dieses Gnadenbild in die richtige Umgebung einzubinden, hat man von 1745 – 1754 die prächtigste Rokokokirche nördlich der Alpen errichtet. Die Wieskirche und die Stiftung des Bistums Augsburg, die für die Verwaltung zuständig sind, haben es bis heute sehr gut verstanden, auch immer die spirituelle Bedeutung dieses Ortes beizubehalten.
Welterbe seit: 1983
Besonderheit: Die Wieskirche ist eines der Etappenziele der Romantischen StraĂźe, die von WĂĽrzburg nach FĂĽssen fĂĽhrt.
Eine Reise von der Steinzeit ins Mittelalter am Bodensee
Wer glaubt, dass die luxuriösen Overwater Bungalows auf den Malediven eine Erfindung der Neuzeit sind, sollte sich das älteste archäologische Freilichtmuseum in Unteruhldingen am Bodensee anschauen. Die dortigen Pfahlbauten geben euch einen Einblick in das Leben unserer Vorfahren vor 5.000 Jahren. Das Pfahlbaumuseum ist Teil des länderübergreifenden Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“. Anhand der hier gefundenen Schätze kann man sich heute ein sehr klares Bild des Lebens machen in einer Zeit als der Mensch sich vom Jäger und Sammler zum Bauern entwickelte. Nur einen Katzensprung entfernt taucht ihr ein in das mittelalterliche Klosterleben. Die Insel Reichenau im Bodensee ist heute ein ruhiger Urlaubsort, an dem Gemüse, Kräuter und Wein gedeihen. Im Jahr 724 gründete der Heilige Pirmin hier ein Kloster und legte damit den Grundstein für eines der größten Benediktinerklöster im Mittelalter. Zum Welterbe der Insel zählen die drei romanischen Kirchen und die kostbaren Reichenauer Handschriften, die allerdings nicht direkt auf der Insel zu bestaunen sind.
Welterbe seit: Insel Reichenau seit 2000, Reichenauer Handschriften seit 2003, Prähistorische Pfahlbauten seit 2011
Besonderheit: Zu sehen sind die Reichenauer Handschriften in der bayerischen Staatsbibliothek in MĂĽnchen, sowie in Bamberg, Darmstadt, Trier, Aachen, Paris und Cividale del Friuli
Die ältesten Kunstwerke der Menschheit auf der Schwäbischen Alb
Vielleicht habt ihr ja schon mal von der Höhle im französischen Lascaux gehört, in der das älteste Höhlengemälde der Welt gefunden wurde. Im Vergleich zu dem, was man in den Höhlen des Lone- und Achtals in der Nähe von Ulm gefunden hat, ist das aber moderne Kunst. Im Lonetal finden sich die Vogelherd-, Hohlenstein-Stadel- und Bocksteinhöhle, während die Höhlen im Achtal bei Blaubeuren die Namen Geißenklösterle, Hohe Fels und Sirgenstein tragen. In den 1860er Jahren begann man in diesen Höhlen Schicht um Schicht abzutragen und stieß dabei auf Schmuck und Kunstgegenstände, deren Alter auf irgendwas zwischen 35.000 und 43.000 Jahre nachgewiesen werden konnte. Das Besondere an den Funden auf der Schwäbischen Alb ist, dass es hier so viele Fundorte in einer geringen räumlichen Entfernung gab. Ein Hinweis darauf, dass schon die Menschen in der Steinzeit, so etwas wie Ortschaften bildeten. Die Höhlen sind Teil des UNESCO Global Geoparks, dessen Gestein uns 200 Millionen Jahre Erdgeschichte erzählt.
Welterbe seit: Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb seit 2017, UNESCO Global Geopark seit 2015
Besonderheit: In den Höhlen hat man auch die ältesten Musikinstrumente der Menschheit gefunden. Von Sagen und Legenden umrankt ist der Blautopf in Blaubeuren.
Fossilien und moderne Architektur in Darmstadt
Im Nordosten von Darmstadt im beschaulichen Dorf Messel reist ihr ähnlich weit zurück in der Erdzeitgeschichte. Die Fossillagerstätte Grube Messel verbirgt in ihrer 190 Meter dicken Ölschieferschicht eine zuvor niemals gefundene Vielfalt an Skeletten aus der Tierwelt am Übergang von Dinosauriern zu Säugetieren aus der Zeit von 56 Millionen Jahren bis etwa 34 Millionen Jahre vor Christus. Mit dem Fund eines versteinerten Alligatorenskeletts im Jahr 1876 begannen die Ausgrabungen, die inzwischen Fossilien von mehr als 1.000 Tier- und Pflanzenarten zu Tage förderten. Erklärungen dazu bietet das Besucherzentrum. Sehr viel jünger ist die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt. Gegründet wurde die Mathildenhöhe 1897 als Zentrum für experimentelle Lebens- und Arbeitswelten der Moderne. Anfang des 20. Jahrhunderts hat man dann in international beachteten Ausstellungen erste Ergebnisse präsentiert. Insgesamt 23 Elemente bilden hier eine moderne städtebauliche Einheit aus Arbeiten, Wohnen und Park. In diesem Umfeld sollten Künstler, Architekten und Handwerker neue Wege für Bau und Design entwickeln.
Welterbe seit: Fossillagerstätte Grube Messel seit 1995, Mathildenhöhe seit 2021
Besonderheit: Nicht nur die Gebäude waren auf der Mathildenhöhe im feinsten Jugendstil dekoriert, selbst das Geschirr und andere Alltagsgegenstände gehörten zum Gesamtkonzept und wurden speziell für die Mathildenhöhe designt.
Sagenumwobene Landschaften an einer der bedeutendsten Lebensadern Europas
Der Rhein durchfließt auf seinen über 1.200 Kilometern von der Schweiz in die Nordsee viele unterschiedliche Landschaften und strömt an einer großen Zahl bemerkenswerter Sehenswürdigkeiten und Städte vorbei. Ein Teilstück sticht aber besonders hervor, weil sich dort in besonderem Maße zeigt, wie wichtig der Rhein als Handelsroute in der Vergangenheit war. Auf den 65 Kilometern des UNESCO Welterbes Oberes Mittelrheintal entdeckt ihr eine Kulturlandschaft mit einer Mischung aus charmanten kleinen Städtchen, Weinbergen, Burgen und vielen Sagen und Geschichten. Die bekannteste Stelle dieses Teils des Rheintals ist der Loreleyfelsen, auf dem angeblich eine blonde Schönheit früher den Flussschiffern den Kopf verdrehte. Die etwa 40 Schlösser, Burgen und Festungen, die heute größtenteils in Ruinen liegen, haben die Künstler der Romantik zu bedeutenden Kunstwerken inspiriert, was vielleicht auch an den köstlichen Weinen liegt, die in dieser Region angebaut werden. Damals war die Rüdesheimer Drosselgasse noch nicht ganz so überlaufen.
Welterbe seit: 2002
Besonderheit: Den besten Blick auf das gesamte Welterbe Oberes Mittelrheintal habt ihr bei einer Schifffahrt zwischen RĂĽdesheim und Koblenz.
Ein Industriedenkmal vom Kohlestaub befreit
Wohl kaum eine Region in Deutschland steht sinnbildlich so sehr für den wirtschaftlichen Aufschwung nach 1945 wie das Ruhrgebiet. Die Kohle aus dem Pott brachte Energie für die boomende Wirtschaft und Reichtum in eine Region, die heute den größten Ballungsraum in Deutschland bildet. Die Zeche Zollverein in Essen war von 1851 bis 1986 in Betrieb und bis zum Ende die größte und modernste Steinkohleförderanlage der Welt. Diese Tatsache war eines der Auswahlkriterien, um die Zeche auf die Welterbeliste zu setzen. Ein weiterer Punkt war die Architektur der Hauptgebäude des Schachts. Sie wurden in der ersten industriellen Blütezeit vor der Weltwirtschaftskrise geplant und im Stil des Bauhauses errichtet. Eine solche Symbiose aus Architektur und Zweckmäßigkeit an einem Ort, der ansonsten im Kohlestaub versank, dürfte einmalig in der Welt sein. Heute könnt ihr euch in der Zeche Zollverein ein multimediales Bild von der Arbeit der Kohle Kumpels machen. Als dann Essen 2010 stellvertretend für den ganzen Ruhrpott Europäische Kulturhauptstadt war, spielte die Zeche Zollverein eine zentrale Rolle im Kulturporgramm.
Welterbe seit: 2001
Besonderheit: Die Zeche Zollverein ist heute ein lebendiges Industriedenkmal mit vielen Veranstaltungen und sogar einem kleinen Freibad im Sommer.
Häufig gestellte Fragen
Bei UNESCO Welterbe denkt man sicherlich sofort an Orte wie Machu Picchu, die Pyramiden von Gizeh oder Naturschauspiele wie die Iguazu Wasserfälle oder das Great Barrier Reef. Dass es auch direkt vor unserer Haustür Welterbestätten gibt, ist weniger bekannt und da tauchen sicherlich Fragen dazu auf.
Wie viel UNESCO Weltkulturerbestätten gibt es in Deutschland?
Aktuell (Stand 2023) gibt es in Deutschland 52 Welterbestätten. Dazu zählen neben ganzen Stadtensembles wie Wismar, Stralsund, Quedlinburg und anderen auch außergewöhnliche Naturlandschaften wie die Grube Messel, die Pfahlbauten am Bodensee oder die Höhlen der Schwäbischen Alb, in denen sich Zeugnisse der frühesten Menschheitsgeschichte verbergen. Dass die Menschen es aber bis in die moderne Zeit schafften, immer wieder bedeutsames zu errichten beweisen die Industriedenkmäler wie die Zeche Zolleverein.
Welches deutsche Bauwerk war das erste UNESCO-Welterbe?
Das erste Gebäude Deutschlands, das 1978 auf die Liste des UNESCO Welterbes aufgenommen wurde, war der Aachener Dom. Erbauen ließ den Dom Ende des 8. Jahrhunderts kein geringerer als Karl der Große, ein Kaiser, der heute für viele als der erste gilt, der den europäischen Gedanken lebte. In diesem Dom wurden im Lauf der Zeit 30 deutsche Könige gekrönt.
Welches Bundesland hat die meisten Welterbestätten?
Wer diesen Beitrag gelesen hat, könnte vermuten, dass eines der neuen Bundesländer die Liste mit den meisten Welterbestätten anführt. Auch wenn sich dort sehr viele Monumente und Landschaften in einem vergleichsweisen eng begrenzten Raum finden, so müsst ihr doch immer wieder die Grenzen zwischen den Bundesländern überqueren. Spitzenreiter ist aktuell das Land Bayern mit insgesamt acht Welterbestätten und drei weiteren auf der Tentativliste.
Welche Stadt in Deutschland hat die meisten UNESCO Weltkulturerbestätten?
Die meisten einzelnen Stätten in Deutschland hat unsere Hauptstadt. Neben den Schlössern und Parks von Potsdam und Berlin (seit 1990) gehört auch die Museumsinsel (seit 1999) dazu. Weniger bekannt ist das Welterbe „Siedlungen der Berliner Moderne“, wo seit 2008 Berliner Siedlungen aus 1920er Jahre auf der Liste stehen, die damals bahnbrechend für das moderne Leben in der Stadt waren. Zählt man die einzelnen Häuser eines Welterbes, wird wahrscheinlich Bamberg mit seinen 1.300 geschützten Gebäuden die Liste anführen.
Fazit:
Wer die Gegenwart verstehen will, muss sich auch mit der Geschichte auseinandersetzen. Der Geschichtsunterricht in der Schule war ja nicht immer interessant und so haben wir sicherlich die ein oder andere Wissenslücke, die wir heute im Rahmen einer Reise zu unseren Wurzeln schließen können. Dabei entdecken wir auf angenehme Weise sehr viel spannende Orte, die nicht nur unser Land, sondern teilweise sogar die ganze Menschheit geprägt haben. Das UNESCO Welterbe in Deutschland gibt euch die Möglichkeit bekannte Orte unter einem neuen Aspekt zu sehen, aber auch weniger bekannte Regionen unseres Landes zu erkunden und dabei immer wieder zu staunen.