Unsere sonnenklar.TV Urlauberin zählt sich nicht unbedingt zu den Wanderfreunden. Doch einmal auf Teneriffa zählt die Besteigung des Teide zum Pflichtprogramm. So packte auch sie der Ehrgeiz. Aber was von unten noch ganz okay aussieht, ändert sich mitunter ganz schnell. Was sie auf ihrem Weg zum Teide-Gipfel erlebt hat, erzählt sie euch hier.
Teneriffa – ewiger Frühling, milde Temperaturen, fantastische Natur, Gebirge und Meer. Da können wir gar nicht anders, als uns die Wanderschuhe anzuziehen und jeden Meter dieser magischen Insel abzulaufen. Wer hier seinen Urlaub verbringt, hat permanent den höchsten Gipfel Spaniens vor Nase und Augen, den Teide, immerhin mit einer Höhe von 3.718 Meter. Von fast überall ist er zu sehen.
Rauf auf den Teide: Bequem per Seilbahn oder zünftig zu Fuß?
Zumindest dem einzigartigen Teide-Nationalpark einen Besuch abzustatten ist Pflichtprogramm. Bizarre Lavagesteinsformationen in allen Schattierungen von Senffarben bis Blau ließen uns nach jeder Kurve den Atem stocken. Die ganze Zeit begleitete uns dieser majestätische Berg. Er schien mir tatsächlich eine Art persönliche Botschaft zuzuflüstern: „Komm, erklimme mich! Du wirst es nicht bereuen!“
Auch, wenn ich das von mir als eher durchschnittlich sportlich zu bezeichnender Person nie erwartet hätte, aber ich wollte mich der Herausforderung unbedingt stellen. Der Rest der Gruppe war einverstanden und so schritten wir im wahrsten Sinne des Wortes zur Tat.
Jedenfalls, so dachte ich mir, kann es ja nicht so ein großes Kunststück sein, diesen Berg zu erobern, also den Gipfel. Und bequemerweise gibt es eine Seilbahn, die man nutzen kann, um sich den Aufstieg auf immerhin 3.550 Meter zu sparen. Um auf den Gipfel zu gelangen, benötigt man eine staatliche Genehmigung, die wir gleich beantragten.
Gesagt getan: Zuerst dachte ich, es sei schlau, sich einfach einem Wanderführer anzuschließen, der die Gipfel-Tour – per Seilbahn und die letzten 170 Höhenmeter zu Fuß – einmal pro Woche anbietet. Diesen Versuch starteten wir während unseres Aufenthalts zweimal.
Nummer eins scheiterte, da sich der Staat weigerte, uns mit den ersuchten Genehmigungen zu beglücken – bereits zu viele Wandersleute hatten ihren Anspruch hierauf angemeldet. Nummer zwei missglückte aufgrund wetterbedingter Verhältnisse – es war zu stürmisch im Nationalpark und der Betrieb der Seilbahn wurde aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten eingestellt.
Manche Entscheidungen treffen sich von selbst
Was blieb den selbsternannten Gipfelstürmern, denen langsam aber sicher auch die Zeit davon wehte, anderes übrig, als auf des Schusters Rappen den letzten Versuch zu unternehmen – diesem Berg muss doch beizukommen sein!
So kam es, dass wir an unserem letzten Urlaubstag um 5:00 Uhr morgens aus dem Bett stiegen – Wanderschuhe an, Rucksack gepackt und ab ins Auto. Wir nahmen die Route über La Orotava und parkten gut eine Stunde später am Einstieg zum Wanderweg, der Montaña Blanca auf 2.200 Höhenmetern. Für die knapp 1.500 Höhenmeter, die vor uns lagen, waren gute fünf Stunden eingeplant, die man gut und gerne in ebenso viele physische wie emotionale Phasen einteilen könnte.
Wir stiegen aus dem Auto und schnappten nach Luft. Die Höhenluft machte einem hier schon ganz schön zu schaffen. Aber uns selbst ernannte Superhelden beeindruckte das so ganz und gar nicht. Der erste Teil des Weges war dann auch eher eine Art strammer Spaziergang. Wir bewunderten einen atemberaubenden Sonnenaufgang in Feuerrot und Orange und passierten die „Teide-Eier“, riesige, runde Gesteinsbrocken, die einst in hohem Bogen aus dem Höllenschlund geschleudert wurden. „Das wird ja einfach“, dachte ich mir – „entspannt zwischen Frühstück und Mittagessen erledigen wir das.“
Der Weg ging nach gut 1,5 Stunden über in einen schmalen Pfad, auf dem man nur noch hintereinander laufen konnte und der ganz langsam immer mühsamer und steiler wurde. Meine Güte, das ging aber doch ganz schön in die Knochen, bloß nichts anmerken lassen.
Die erste Station war geschafft, wir legten eine Pause an der Berghütte Altavista ein und genossen die Aussicht, die von hier bereits beeindruckend war. Einen großen Teil der Nordküste Teneriffas konnten wir jetzt schon sehen.
Dann ging es in derselben Manier weiter zur Seilbahnstation, nur, dass der Aufstieg noch durch unterschiedlich hohe Stufen erschwert wurde. Doch da wir die Herausforderung angenommen hatten, machten wir jetzt auch keinen Rückzieher mehr! Teide-Gipfel – wir kommen. Wir waren sozusagen fast schon da.
Der Gipfel des Teide: Die süße Qual der letzten Meter
Nach einer weiteren halben Stunde begann ich, als ungeübte Bergsteigerin, eine gewisse Art von Hassliebe zu entwickeln. Ich wollte es unbedingt schaffen. Allerdings wusste ich bis dato nicht, wo sich in den Beinen überall Muskeln befinden. Und vor allem, wie die wehtun können. Doch ich machte weiter, lächelte den anderen zu und setzte elfengleich einen Fuß vor den anderen.
Über emotionale Zustände beim Bergsteigen kann man ja einiges nachlesen. Ich konnte nun sozusagen aus meiner eigenen Erfahrung in diesem Moment nachvollziehen, dass dieser während der Besteigung eines hohen Berges kontinuierlich zwischen himmelhochjauchzend und „Oh Gott, schaffe ich das?“ hin- und her schwankte. Zwischendurch erreicht man sogar eine Art von stoischer Gleichgültigkeit. Alle atmeten hörbar und redeten wenig.
Da – endlich!!! – ist die Seilbahnstation, wir waren auf 3.550 Metern angekommen, man konnte den Gipfel schon sehen, er schien zum Greifen nahe! Die Betonung liegt auf „schien“. Woher sollte ich bloß die Kraft nehmen für die letzten, so unüberwindbar scheinenden 170 Höhenmeter? Ich konnte nicht mehr. Mein Körper schmerzte und meine Lunge platzte sicher gleich.
Also noch ein einziges Mal alle Kräfte mobilisieren und … es war vollbracht. Wir befanden uns auf dem Gipfel des Teides, der höchsten Erhebung dieses Landes, und ich konnte es nicht glauben. Wir hatten es tatsächlich geschafft! Vor Freude lagen wir uns in den Armen.
Lohn für Schweiß und Tränen: Ein unvergessliches Erlebnis
Hier saß ich nun auf 3.789 Meter Höhe und schaute mir ein wenig die Gegend an, in geschmeidiger Haltung und mit einem entspannten Lächeln. Nachdem wir wieder zu Atem gekommen waren, wurde uns klar, welche gigantische Aussicht wir von hier oben hatten.
Das Wetter meinte es aber auch mehr als gut mit uns: Deutlich konnten wir die Umrisse der Nachbarinseln La Gomera und La Palma erkennen, die sich würdevoll aus dem Meer erhoben – die Strapazen sind Vergangenheit. Eigentlich war es ja auch gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, es war wunderschön.
Aufgrund der beißenden Kälte beschlossen wir kurze Zeit später, dass es am Strand mindestens genauso schön ist wie hier oben. Und um schnell dort anzukommen, nahmen wir für den Abstieg die Seilbahn. Stolz und mit einem unvergesslichen Erlebnis im Gepäck konnten wir nun glücklich und zufrieden nach Hause fliegen.