In Marrakesch erlebt ihr marokkanisches Flair an jeder Straßenecke. Vom Gauklerplatz über den Bahia-Palast bis hin zur Koutoubia-Moschee könnt ihr hier mehrere Tage problemlos mit Sightseeing verbringen. Die Stadt verzaubert euch mit ihrer Schönheit und reißt euch mit. An jeder Ecke ist etwas los, das Leben scheint nie zur Ruhe zu kommen. Das kann einem manchmal zu viel werden. Doch in Marrakesch verstecken sich auch Oasen der Ruhe: prächtige Gärten zum Flanieren und Durchschnaufen. Die schönsten stelle ich euch hier vor:
Der schönste Garten in Marrakesch: Jardin Majorelle
Der berühmteste unter den Gärten in Marrakesch ist der Jardin Majorelle. Vom französischen Künstler Jacques Majorelle in den 30-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschaffen und vom Designer Yves Saint Laurent und dessen Lebensgefährten Pierre Bergé in den 80er-Jahren liebevoll restauriert, ist die Anlage einer der schönsten Plätze der Welt. Bekannt ist der Jardin Majorelle nicht für seine Sammlung botanischer Exoten aus allen fünf Kontinenten, unter denen vor allem die imposanten haushohen Kakteen das Herz jedes Pflanzenfreundes höher schlagen lassen. Blickfänger ist das sogenannte “Majorelle-Blau”, das in seiner Strahlkraft einen Kontrast zur sandigen Erde und den grünen Pflanzen bildet. Zusammen mit Blumentöpfen und Verzierungen in Knall-Gelb findet ihr als Besucher hier ein Gesamtkunstwerk, in dem ihr flanieren, entspannen und bei jedem Schritt Neues entdecken könnt.
Herzstück des Gartens war und ist jedoch das ehemalige Atelier Majorelles im Art-Déco-Stil, das heute ein Museum für Berberkultur beherbergt. Der Schatten der Palmen und die vielen Wasserläufe, die sich quer durch die Anlage ziehen, bilden ein angenehmes Mikroklima, das sich tatsächlich wie eine Oase mitten im Staub und der Hektik des turbulenten Marrakeschs anfühlt.
Falls ihr den Jardin Majorelle besucht, dann plant auf jeden Fall zwei Stunden dafür ein. So habt ihr auch genügend Zeit, um auf einer der vielen Bänke auszuruhen, dem Rauschen der Pflanzen im Wind zu lauschen und die Goldfische, Kois und Schildkröten zu beobachten. Und falls ihr noch mehr fürs Auge braucht, dann besucht das Yves-Saint-Laurent-Museum – dort sind Werke des Designers ausgestellt.
Marrakeschs grünes Herz: Jardin Secret
Meinen nächsten Favoriten findet ihr mitten in der Altstadt von Marrakesch. Der Jardin Secret ist dabei etwas ganz Besonderes, denn hierbei handelt es sich nicht nur um einen Garten, sondern um zwei parkähnliche Innenhöfe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein Palast aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der zwischenzeitlich zerstört, wieder aufgebaut und schlussendlich zu einem Herrenhaus umgebaut wurde. Doch die historischen Überbleibsel sind noch heute zu sehen: Scheiben, die in den Boden eingelassen sind, gewähren euch einen Blick in die Vergangenheit. Also schaut ruhig einmal, wohin ihr tretet – ihr könntet euch gerade mitten in der Saadier-Dynastie befinden.
Beim ersten Teil des Jardin Secret handelt es sich um einen Garten mit exotischen Pflanzenarten aus aller Welt. Palmen säumen die Wege, überall sprießen Blüten in Gelb, Lila und Rot. Schmale Wasserwege teilen den Garten in unterschiedliche Segmente ein und verbinden zwei Teiche miteinander, in denen Wasserschildkröten umherstrampeln. Wie ich an einer Informationstafel lerne, bereichern die Wasserwege den Jardin Secret nicht nur um ein weiteres Element, sondern dienen der Bewässerung der Beete.
Hinter einer Mauer betrete ich durch einen schmalen Durchgang schließlich eine andere Welt. Der zweite Teil des “geheimen Gartens” von Marrakesch ist nach Regeln des Islams gestaltet. Vier Quader sind mit Oliven- und Zitrusbäumen bewachsen, Hunderte Büsche Rosmarin und Lavendel verströmen einen betörenden Duft. Ich lerne, dass dieser Hof das himmlische Paradies aus dem Koran auf Erden widerspiegeln soll. Und tatsächlich wirkt es hier viel friedlicher als noch im exotischen Teil, was vermutlich auch an den vielen in den Gartenaufbau integrierten Sitzmöglichkeiten liegt. Herzstück des islamischen Gartens ist ein plätschernder Brunnen aus Marmor (gleichzeitig Ausgangspunkt für das Bewässerungssystem in diesem Teil des Jardin Secret), den ein verspielter Pavillon überdacht. Gehwege und Pavillon sind in der Farbe des Islams, Grün, gehalten. Lediglich lila Blüten und die sandsteinfarbenen Mauern des Herrenhauses bilden einen Kontrast dazu.
Letztmöglicher Einlass in den Jardin Secret ist eine halbe Stunde vor Schließung. Nehmt euch dafür aber mehr Zeit, um die Ruhe, die von diesem Ort ausgeht, in euch aufzunehmen.
Kunst trifft Natur: ANIMA
Ein Garten der anderen Art erwartet euch im Ourika-Tal etwa 30 Kilometer außerhalb von Marrakesch. ANIMA wurde vom österreichischen Universalkünstler André Heller gestaltet. Und wenn sich ein Künstler der Gestaltung eines Gartens annimmt, kann man davon ausgehen, dass hier nicht nur heimische und exotische Pflanzen hübsch aneinandergereiht sind. Heller sah ANIMA als Leinwand, eine botanische Inszenierung. Palmen, Kakteen und Blumenbeete wechseln sich mit Kunstwerken, Installationen und Statuen ab. Das Atlasgebirge wirkt wie ein Rahmen am Horizont. Von erhöhten Stellen im Garten habt ihr ein herrliches Panorama. Alles wirkt aufeinander abgestimmt und bei jedem Schritt lohnt es sich, einen Blick über die Schulter zu werfen, um nichts zu verpassen.
Schattige Wege führen euch durch Bambuswälder, vorbei an stacheliegen und riesigen Kakteen, ein Spiegelhaus mitten im Grün multipliziert die Büsche und Bäume aus der Umgebung. Und mittendrin gibt es immer wieder einladende Sitzgelegenheiten, einige – wie man es im ANIMA erwartet – bildhauerisch gestaltet. Falls ihr mal richtig entspannen wollt, dann haltet die Augen offen: Iinmitten von kleinen Lichtungen verstecken sich zwei Hängematten in der Anlage. Der perfekte Ort, um den Vögeln zu lauschen!
Auch Wasser ist ein wichtiges Element im künstlerischsten Garten Marrakeschs. Kleine Brunnen plätschern friedlich vor sich hin, Rosenblüten im Wasser verströmen ihren Duft, Rosmarinhecken rascheln beim Vorbeigehen. Dieses Kunstwerk nimmt man mit allen Sinnen wahr, es gibt so viel zu sehen, zu riechen, zu tasten und zu hören. Und auch für den Geschmackssinn ist am Ende gesorgt: Im ANIMA Café könnt ihr euch für die Rückfahrt in die Stadt stärken.
Übrigens lohnt es sich am Nachmittag anzukommen, denn vor allem vormittags herrscht aufgrund von anrückenden Reisegruppen recht viel Betrieb auf den schmalen Pfaden. Allerdings müsst ihr auch hier spätestens eine Stunde vor Schließung euer Ticket lösen, sonst bekommt ihr keinen Einlass mehr.
Menara-Garten
Wer keinen Eintritt für einen Garten bezahlen möchte, ist im Menara-Garten gut aufgehoben. Hierbei handelt es sich um eine 100 Hektar große Fläche, die mit Oliven- und Zitrusbäumen übersäht ist. Die Olivenplantage stammt gar aus dem 12. Jahrhundert und zeigt damit ein Stück lebendige Geschichte – die UNESCO hat den Park daher zusammen mit den Agdal-Gärten zum Weltkulturerbe erklärt. Der Menara-Garten wird von der Stadt Marrakesch betrieben, die landwirtschaftlichen Erträge kommen ihr zu Gute. Dennoch steht der Park auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Und ein Abstecher an einem Nachmittag lohnt sich allemal, denn im Zentrum des Menara-Gartens befindet sich ein künstlicher See mit einem hübschen Pavillon. Der See versorgt über ein verzweigtes Kanalsystem die komplette Anlage mit Wasser.
Nach Betreten des Gartens solltet ihr übrigens einen Blick zurück werfen. Denn euch eröffnet sich dabei freie Sicht auf die Koutoubia-Moschee in der Ferne. Von dort gelangt ihr übrigens auch zu Fuß zum Menara-Garten – plant dafür etwa eine gemütliche halbe Stunde ein.
Schön an dem Garten Marrakesch ist, dass er gut und gerne von den Einheimischen als Naherholungsgebiet vor allem am Wochenende genutzt wird. Deshalb stehen auch Händler mit ihren mobilen Ständen hinter dem Eingang zum Park und sorgen so jederzeit für Nachschub in der Verpflegung. Verliert bei eurem Besuch allerdings nicht die Zeit aus den Augen – um spätestens 18 Uhr werden die Tore zum Menara-Garten verschlossen. Er ist nur tagsüber öffentlich zugänglich.